Studientag Toledot Jeschu am 27. Juni 2023
Am 27. Juni 2023 findet unter der Leitung von Herrn PD Dr. Francesco Zanella ein Studientag zu den Toledot Jeschu am Martin-Buber-Institut für Judaistik statt. Internationale Forschende werden sich in ihren Beiträgen aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Thema befassen. Interessierte können sich weiterhin bei Herrn Zanella zur Teilnahme anmelden: zanella@uni-bonn.de
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Flyer.
Dr. Carlo Gentile mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Viktor Elbling hat am 15. März 2022 dem Historiker Carlo Gentile, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Martin-Buber-Institut für Judaistik, das ihm am 2. Dezember 2021 vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verliehene Bundesverdienstkreuz am Bande für seinen „Beitrag zu der deutsch-italienischen Erinnerungskultur“ überreicht.
In seiner Ansprache betonte Botschafter Elbling dessen herausragende Rolle in der Erforschung der italienisch-deutschen Vergangenheit. „Sie haben die Forschung ohne Polemiken vorangebracht, immer konkret und nüchtern auf der Suche nach der historischen Wahrheit und ihren Folgen für unser Zusammenleben in der Gegenwart." Der Botschafter erklärte ferner: "Wir sind schockiert über die Bilder des Angriffs auf die Ukraine, weil wir dachten, dass der Krieg in Europa jetzt nur noch eine ferne Erinnerung sei, die in unserer Zeit undenkbar war. Und doch wissen Sie, Dr. Gentile, genau, historische Ereignisse können nicht in Büchern eingeschlossen werden, indem man sie als abgeschlossen betrachtet, fern von unserem Leben und unserer Realität. Wir müssen uns damit auseinandersetzen und ihre Bedeutung an zukünftige Generationen weitergeben. Wir müssen danach streben, die Dynamiken der Vergangenheit zu verstehen, um ihre Wiederkehr zu verhindern. Wissenschaftler wie Sie helfen uns bei dieser wichtigen Aufgabe: der Verteidigung von Frieden und Demokratie, von Werten, die auf den Trümmern eines desaströsen Krieges aufgebaut sind."
Buchvorstellung "Der jiddische Witz - Eine vergnügliche Geschichte" von Jakob Hessing (Verlag C.H.Beck, 2020)
Vortragssaal der Germania Judaica, Mittwoch, 3. November 2021, 19 Uhr
Der aus Armut und Verfolgung geborene Witz des Jiddischen stellt der Not ein Lächeln entgegen, das in dieser Sprache überall zu spüren ist. Den Juden aus dem östlichen Europa war immer bewusst, dass sie im Exil lebten. Nie verfielen sie der Illusion, angekommen oder gesellschaftlich arriviert zu sein, wie die Juden im deutschen Kulturraum es glaubten, bevor sie in den 1930er und 1940er Jahren die bittere Wahrheit des Gegenteils erfahren mussten. Die osteuropäischen Schtetl waren eng und schmutzig, der rechtliche Status ihrer Bewohner war eingeschränkt und der Gegensatz zwischen dem Mythos ihres religiösen Auserwähltseins, den sie im Gottesdienst zelebrierten, und der Alltagswirklichkeit war offenkundig. Durch diese Widersprüche wurde das Jiddische zu einer zutiefst ironischen Sprache.
Mit dem jiddischen Witz sind bei Hessing jedoch nicht in erster Linie jene pointierten Geschichten gemeint, die man normalerweise «Witze» nennt und die uns vor allem deswegen erheitern, weil wir in ihnen Vertrautes wiedererkennen oder über Typen lächeln: die jiddische Mamme, die ihren Sohn allzu sehr bemuttert; der Wunderrabbiner, der keine Wunder vollbringt; der Heiratsvermittler, der eine hässliche Braut anpreist... Auch in diesem Buch beruht das Lächeln auf einem Wiedererkennen, aber es kommt aus einem anderen Gedächtnis, einer Erkenntnis, die keine Schablonen oder Typisierungen enthält, die sich ständig wiederholen und bedingten Reflexen entspringen. Im Lächeln dieses Buches entfaltet sich vielmehr ein spezifisches Denken, eine Erfahrung, die nie nur eine Pointe aufweist; diese Geschichten bieten uns stattdessen einen Fächer an Deutungen an und enthalten untergründig die Wissenssoziologie einer ganzen Lebensfo! rm.
Der Ironie des Jiddischen und den vielfältigen Deutungsvarianten jener Geschichten aus dem jüdischen Osteuropa geht Jakob Hessing in seinem Werk "Der jiddische Witz. Eine vergnügliche Geschichte" nach.
Das Buch wird im Gespräch zwischen Nicolas Berg (Martin Buber Institut für Judaistik, Universität zu Köln) und Ursula Reuter (Germania Judaica, Stadtbibliothek Köln) vorgestellt; ausgewählte Passagen werden sowohl in jiddischer wie deutscher Sprache gelesen von Marian Fritsch (Institut für jiddische Kultur, Sprache und Literatur, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf).
Weitere Informationen zur Veranstaltung auf der Website der Germania Judaica.
Neue Lehrstuhlvertretung
Wir begrüßen als neuen Lehrstuhlvertreter am Martin-Buber-Institut für Judaistik im Wintersemester 2020/21 und Sommersemester 2021 Dr. Nicolas Berg. Dr. Berg ist seit Juni 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Dubnow-Institut, seit 2003 in leitender Funktion, zwischen 2003 und 2009 wissenschaftlicher Redakteur der monografischen Publikationen. Er ist Leiter des Forschungsressorts »Wissen«. Im Wintersemester 2015/16 war Dr. Berg Gastprofessor für interdisziplinäre Holocaustforschung am Fritz Bauer Institut der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Dr. Nicolas Berg hat Geschichte, Germanistik und Slawistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg studiert. Von 1997 bis 1999 Doktorand am Historischen Seminar der Universität Freiburg, gefördert durch die Studienstiftung des deutschen Volkes; Promotion zum Dr. phil. 2001 an der Universität Freiburg im Fach Neuere und Neueste Geschichte. Thema der Dissertation: »Auschwitz und die westdeutsche Geschichtswissenschaft. Erforschung und Erinnerung«. Von Oktober 2000 bis März 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg. Von April bis September 2012 Forschungsaufenthalt am Deutschen Historischen Institut in London; von Oktober 2012 bis März 2013 Fellow im Exzellenzcluster »Kulturelle Grundlagen von Integration« am Kulturwissenschaftlichen Kolleg der Universität Konstanz. 2004 Auszeichnung der Dissertationsschrift als »Das Historische Buch 2003« im Online-Informationsforum der Geschichtswissenschaften »H-Soz-u-Kult«.
Seine wichtigsten Monografien sind:
Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung, Göttingen: Wallstein, 1. und 2. Aufl. 2003; 3. durchgesehene und mit einem Register versehene Aufl. 2004 (Engl. The Holocaust and the West German Historians. Historical Interpretation and Autobiographical Memory, übersetzt und hg. von Joel Golb, Madison, Wis.: University Press 2015).
Luftmenschen. Zur Geschichte einer Metapher, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008; 2. durchgesehene Aufl. 2014.
Nachruf anlässlich des Todes von Herrn Prof. Johann Maier

Das Martin-Buber-Institut für Judaistik und die Universität zu Köln trauern um Ihren Kollegen, Herrn em. Univ.-Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Johann Maier (17.5.1933-16.3.2019).
Mit Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Johann Maier, Gründer und Vorstand des Martin-Buber-Instituts für Judaistik an der Universität zu Köln (1966 – 1996), verliert die Judaistik einen ihrer renommiertesten und produktivsten Vertreter im deutschsprachigen Raum. In den Worten seines Kollegen, dem Judaisten em. Univ.-Prof. Dr. Günter Stemberger, endet mit dem Tod Professor Maiers »eine ganze Periode deutschsprachiger Judaistik«.
Johann Maier wurde am 17. Mai 1933 in Arriach, einem kleinen Dorf in Kärnten, geboren. Nach der Matura 1951 in Villach begann er mit dem Studium in Wien. Er promovierte in Evangelischer Theologie (1958) und Judaistik (1960) und studierte semitische Sprachen und Geschichtswissenschaften in Wien, u.a. bei Prof. Kurt Schubert, wo er sich 1964 in Judaistik habilitierte. Anlässlich der Errichtung des ersten Judaistik-Instituts in Wien durch Kurt Schubert plante Maier an der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln ein ebensolches neues Studienfach, was zur Gründung des Martin-Buber-Instituts für Judaistik führte, dessen erster Lehrstuhlinhaber er 1966 wurde.
Seine Vorstellung von der Judaistik war die einer selbständigen, aus der Theologie herausgelösten Fachdisziplin, ein »lediglich [seinem] Gegenstand und einer sauberen, kritischen Methode verpflichtet[es Fach]«, zu dessen Aufgaben es gehörte, »das durch die christliche Heilgeschichtsspekulation so entstellte Bild vom Judentum zu korrigieren.“ Die moderne Judaistik sollte vielmehr die ehrwürdige Tradition der »Wissenschaft des Judentums« des 19. Jahrhunderts erneuern. »Als spezifisch jüdische Veranstaltung galt [die »Wissenschaft des Judentums«] als Äußerung einer Religion, der im herkömmlichen Schema der Universität kein Platz zukam, für die man (nach erfolgter Emanzipation) daher allenfalls so etwas wie eine jüdisch-theologische Fakultät hätte neu einführen müssen. Durch diese Diskussionsrichtung wurde der Blick davon abgelenkt, dass das Judentum als geschichtliches Gesamtphänomen ja mehr als nur den Aspekt einer Religion aufweist und dass allein dadurch die Einrichtung einer Disziplin analog den klassischen Altertumswissenschaften, der Romanistik, Anglistik etc. gerechtfertigt gewesen wäre. « Diese Sichtweise Professor Maiers prägt bis heute die Studienpläne des Kölner Martin-Buber-Judaistik-Instituts für Judaistik.
Nacheinander wurde Prof. Maier von zwei schweren Schicksalsschlägen heimgesucht: 1973 vom Tod seiner Tochter und 1984, als er Opfer eines tragischen Attentats im Martin-Buber-Institut wurde, bei dem er verletzt und sein Kollege Prof. Dr. Hermann Greive den Tod fand. Er blieb Lehrstuhlinhaber bis zu seiner Emeritierung 1996.
Ein Blick in die umfangreiche Publikationsliste bezeugt Johann Maiers breit gefächerten Forschungsinteressen. Wie kein anderer verstand er, jüdische Geschichte, Literatur und Religion von den biblischen Anfängen bis zur Gegenwart zu verbinden. Auch in seiner Forschung beherrschte er souverän mehrere Teilgebiete. Seine Einführungen in das Judentum und seiner Religion, seine Beiträge zur jüdischen Geschichte, zur Qumran-Forschung und den Handschriften vom Toten Meer, zur rabbinischen Tradition, zur jüdischen Mystik und zum Verhältnis von Judentum und Christentum waren bahnbrechend und sind heute noch grundlegend für alle Studienanfänger.
Seine umfangreichen wissenschaftlichen Publikationen machten ihn weit über die Grenzen des deutschsprachigen Raumes hinaus bekannt. Seine mehr als 20 Monographien und die zahllosen Aufsätze zur Geschichte, Religionsgeschichte und Literatur des Judentums sind sein größtes Erbe. Sein letztes Werk stellte er 2018 in einem Seminar an der theologischen Fakultät der Universität Salzburg vor. Das Erscheinen seines Buches „Hebräisch-aramäisches Glossar zum jüdischen Recht in der Antike“ erlebte er nicht mehr und dieses wird nun posthum veröffentlicht.
Nach der Emeritierung zog er sich zuerst nach Tirol und dann nach Mittenwald zurück, wo er bis zu seinem Tod lebte. Er schuf sich ein buntes Blumenparadies, das er sehr pflegte und widmete sich auch der Holzschnitzerei, eine Liebe die er von seinem Vater Josef übernahm. Regelmäßig besuchte er jedoch Innsbruck, wo er seine private Bibliothek hatte und mit seinem langjährigen Freund und Kollegen, dem Alttestamentler Josef Oesch, Fachgespräche führen sowie seine Familienangehörigen treffen konnte.
Wir werden seine enorme Fachkompetenz, seine liebenswürdige Hilfsbereitschaft bei kollegialen Anfragen sowie seine sympathische und gesellige Art vermissen und ihn in ehrendem Andenken behalten.
PD Dr. Ursula Schattner-Rieser
em. Univ.-Prof. Dr. Gerrit Bos
em. Univ.-Prof. Dr. Theodore Kwasman
Dr. Carlo Gentile
und die MitarbeiterInnen des Martin-Buber-Institutes
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Ausgewählte Publikationen:
• Die Qumran-Essener – Die Texte vom Toten Meer, 3 Bände (UTB, 1862, 1863, 1916), München, 1995-1996.
• Jesus von Nazareth in der talmudischen Überlieferung, Darmstadt, 1978.
• Jüdische Auseinandersetzung mit dem Christentum in der Antike, Darmstadt, 1982.
• Friedensordnung und Kriegsrecht im mittelalterlichen Judentum. Dargestellt auf der Basis der Schriften des Maimonides (Beiträge zur Friedensethik 16), Stuttgart, 1993.
• Kriegsrecht und Friedensordnung in jüdischer Tradition (Theologie und Frieden 14), Stuttgart, 2000.
• Judentum von A bis Z. Glauben, Geschichte, Kultur, Freiburg/Basel/Wien, 2001.
• Jüdische Geschichte in Daten, München, 2005.
• Die Kabbalah. Einführung, Klassische Texte, Erläuterungen, München, 1995.
• Judentum. Studium Religion (UTB 2886), Göttingen, 2007.
• Judentum Reader. Studium Religion (UTB 2112), 2007.
• Kulturgeschichte des frühen Christentums : von 100 bis 500 n. Chr. [mit Anton Grabner-Haider], Göttingen, 2008.
• Kulturgeschichte des späten Mittelalters: von 1200 bis 1500 n. Chr. [mit Anton Grabner-Haider], Göttingen, 2012.
• Mose ben Maimons Haltung zur nichtjüdischen Umwelt und zu innerjüdischen Problemfällen, in: ThPQ 166 (2018), 297-309.
• Hebräisch-aramäisches Glossar zum jüdischen Recht in der Antike: Mit einer Einführung in das jüdische Recht der Antike und einem Quellenüberblick, De Gruyter (im Druck).