zum Inhalt springen

Die Massaker im besetzten Italien (1943–45) in der Erinnerung der Täter

Der deutschen Besatzung Italiens im Zweiten Weltkrieg fielen bis zu 70.000 Italiener*innen zum Opfer - mehr als 10.000 wurden bei Massakern und Massenhinrichtungen durch deutsche Truppen getötet. Das Projekt "Die Massaker im besetzten Italien (1943-45) in der Erinnerung der Täter" befasst sich mit diesem dunklen Kapitel der deutsch-italienischen Geschichte und benennt dabei insbesondere diejenigen Militärangehörigen, Einheiten und Verbände, die sich in besonderem Maße für Gewalttaten gegen die italienische Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht haben. 

Ziel des Projekts ist es, wissenschaftlich gesicherte, multimediale Arbeits- und Studienmaterialien zu den NS-Verbrechen in Italien zu erstellen. Im Zentrum steht dabei die Frage nach den Tätern: Welche Mentalitäten und psychologischen Dispositionen waren prägend? Welche biografischen und sozialen Hintergründe hatten sie? Welche Entscheidungs- und Handlungsräume gab es? Welche Legitimationsmuster zeigen sich?  Das Projekt versteht sich als Beitrag zur multidirektionalen Aufklärung: In Italien soll ein differenzierter und zeitgemäßer Blick auf die Täter ohne Pauschalisierungen und grobe Vereinfachungen vermittelt werden. In Deutschland und international soll das Projekt dazu beitragen, das gesellschaftliche Schweigen zu den zwischen 1943 bis 1945 verübten Massakern zu durchbrechen.

Das Projekt läuft seit August 2019 und wird vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des deutsch-italienischen Zukunftsfonds gefördert. Es ist am Martin-Buber-Institut für Judaistik der Universität zu Köln angesiedelt. Wissenschaftlicher Leiter des Projekts ist der Historiker Dr. Carlo Gentile. Die jetzige zweite Phase des Projekts “Die Massaker im besetzten Italien (1943-1945)” läuft von September 2022 bis Dezember 2023. Die erste Phase war von August 2019 bis Dezember 2021 terminiert.

 

Der Hintergrund des Projekts: Erinnerungsverantwortung 

Sowohl in Italien als auch in Deutschland zeigt sich ein großer Bedarf an wissenschaftlich fundierter Auseinandersetzung mit den NS-Tätern und ihren Taten. Nach Kriegsende war es für Betroffene in Italien jahrzehntelang nahezu unmöglich, aus Deutschland gesicherte Informationen über die Verantwortlichen der Massaker zu erhalten. Das führte in Italien u.a. zu historisch falschen Einschätzungen. Gleichzeitig pflegte in Deutschland die Generation der Kriegsteilnehmer*innen den Mythos des “sauberen” Kriegs der Wehrmacht in Italien.

Die Erinnerung an die NS-Verbrechen ist von Asymmetrie geprägt: Während über die Opfer und die Umstände ihrer Ermordung viel bekannt ist, waren die deutschen Täter im öffentlichen Diskurs lange abwesend. Das macht es den Nachfahren der Opfer schwer, die erlittenen Verluste zu verarbeiten. Aus diesem erinnerungspolitischen Missstand leitet sich eine Auskunftspflicht gegenüber den Nachfahren der Opfer ab - Deutschland trägt für diese Opfer Erinnerungsverantwortung gegenüber den betroffenen Gemeinden, Orten und Familien. 

Das Projekt will die bestehende Asymmetrie überwinden, indem es Informationen zu den Tätern sammelt und transparent macht. Es leistet so einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Dialog und Verständigung zwischen den beiden Ländern.

 

Die Außenwirkung: Ansprache der Zielgruppen

Seit dem Start hat das Projektteam das Thema auf vielfältigen Wegen öffentlichkeitswirksam präsentiert. Neben der Organisation eigener Veranstaltungen waren Teammitglieder in zahlreichen Seminaren und Vortragsreihen mit Beiträgen vertreten. Ein internationales Seminar ("War, violence and the image of soldiers, between private memories and public representation") fand im Februar 2020 an der Universität zu Köln statt. Das Seminar "Tra racconti e silenzi di chi c’era, Le nuove generazioni davanti alle responsabilità dei Täter e i traumi delle vittime" wurde corona-bedingt online durchgeführt, ergänzt durch Aktivitäten vor Ort in Marzabotto. Bei Gedenkveranstaltungen 2021 wurden dort erste Projektergebnisse in Anwesenheit von Vertretern der Opfervereinigung präsentiert. Weitere Events im Rahmen der Gedenkveranstaltungen 2020 und 2021 wurden wissenschaftlich begleitet bzw. mitgestaltet. 

Die Fondazione Scuola di Pace di Monte Sole erarbeitet auf der Grundlage von Projektmaterialien Bildungs- und Fortbildungskurse, die sich an Jugendliche und Lehrpersonen richten. Ein erstes Lehrerfortbildungsseminar der Scuola di Pace di Monte Sole fand im Februar und März 2022 statt, ein zweites ist für 2023 geplant. Im September desselben Jahres findet an der Scuola di Pace di Monte Sole ein internationaler Studierendenaustausch statt, an dem die Universität zu Köln und die Università di Bologna beteiligt sind.

Die Theatergruppe Archivio Zeta in Bologna nutzt die im Projekt gesammelten Ego-Dokumente zur Erarbeitung von Podcasts, die sich an das italienische Publikum wenden.

 

Mitarbeitende:

Leitung:

Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen:

Studentische Hilfskräfte:

  • Ann Völker
  • Leonard Ludwig 

Ehemalige Mitarbeiter*innen:

  • Dr. Francesco Corniani (wissenschaftlicher Mitarbeiter)
  • Dr. Matteo Cacco (wissenschaftlicher Mitarbeiter)
  • Aiko Hillen (wissenschaftliche Hilfskraft)

Bisherige Veranstaltungen:

a) Internationale Workshops und Seminare:

War, Violence and the Image of Soldiers: Between Private Memories and Public Representation am 27. Februar 2020 im Martin-Buber-Institut in Köln. 

Beteiligung von Prof. Dr. Ben Shepherd (Glasgow Caledonia University), Prof. Amedeo Osti Guerrazzi (Fondazione Museo della Shoah/Universitá di Padova), Toni Rovatti (Universitá di Bologna) Lutz Klinkhammer (Deutsches Historisches Institut Rom). 

Der Tagungsbericht zu dem Workshop ist auf HSozKult.de am 30.06.2020 veröffentlicht worden.

 

"Tra racconti e silenzi die chi c'era, Le nuove generazioni davanti alla responsibilitá dei Täter e i traumi delle vittime" am 7., 14., 21. und 28. Oktober 2020, Onlineveranstaltung in Zusammenarbeit mit der Scuola di Pace di Monte Sole. .

Beteiligung von Prof. Giovanni Contini Bonacossi, Dr. Carlo Gentile (Universität zu Köln), Dr. Hans Christian Jasch (Haus der Wannsee-Konferenz), Gian Luca Luccarini (Vereinigung der Opfer der nationalistisch-faschistischen Massaker von Grizzana Marzabotto Monzuno 1944), Leonard Ludwig (Universität zu Köln), Dr. Elena Monicelli (Scuola di Pace di Monte Sole), Dr. Dunja Nanut (ANED Trieste), Dr. Elena Pirazzoli, Dr. Toni Rovatti (Universitá di Bologna). 

zum Seitenanfang